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Portrait von Claus-Michael Lehr

Claus-Michael Lehr als Scout im Henriette Herz-Programm ausgewählt

Die Alexander von Humboldt-Stiftung hat Claus-Michael Lehr als Scout im Henriette-Herz-Programm ausgewählt. Diese renommierte Auszeichnung erlaubt ihm, drei junge Wissenschaftstalente aus dem Ausland auszuwählen, welche für ein Jahr als Alexander von Humboldt-Stipendiaten am HIPS arbeiten werden. Im Interview erzählt er, wie es dazu kam und welchen Stellenwert die internationale Zusammenarbeit in der Wissenschaft für ihn hat.

Lieber Claus-Michael, du wurdest als „Scout“ im Henriette Herz-Programm der Alexander von Humboldt-Stiftung ausgewählt – was bedeutet das?

Als Scout im Henriette-Herz-Programm habe ich die Möglichkeit, drei junge, promovierte Wissenschaftler:innen aus dem Ausland für ein jeweils einjähriges Humboldt-Stipendium zu nominieren. Hierfür habe ich insgesamt drei Jahre Zeit. Im Gegensatz zum „regulären“ Verfahren werden die Kandidat:innen dann nur noch einer formellen Prüfung unterzogen und können anschließend direkt am HIPS anfangen. Die Kandidat:innen dürfen in der Regel nicht in Deutschland studiert haben, da die Humboldt-Stiftung die fachliche und regionale Diversität mit neuen Talenten erhöhen möchte. Außerdem wird begrüßt, wenn die erste geförderte Kandidatin eine Wissenschaftlerin ist, sodass der Anteil von Frauen unter den Geförderten steigt. Dieses Programm bietet mir also eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit, exzellente Leute aus der ganzen Welt zu uns ans Institut zu holen.

Welche Voraussetzungen muss man mitbringen, um als Scout ausgewählt zu werden?

Bei den Scouts handelt es sich in der Regel um erfahrene Wissenschaftler:innen, die in ihrem jeweiligen Feld gut etabliert sind. Da bei dem Henriette-Herz-Programm internationale Zusammenarbeit und die Förderung von Nachwuchswissenschaftler:innen im Vordergrund stehen, sollten natürlich auch die Scouts belegen können, dass sie sich in der Vergangenheit für diese Themen stark gemacht haben. Scheinbar konnte ich die Jury mit meinen bisherigen Aktivitäten in diesen Bereichen überzeugen: Schon vor vielen Jahren hatte ich mit einigen europäischen Kolleg:innen ein Netzwerk namens „Galenos“ gegründet, das noch immer besteht und mittlerweile auch nach USA, Indien und Ozeanien reicht. Unser damals gestartetes „Euro-PhD Program“ haben wir inzwischen auf das HIPS und alle seine Forschungsfelder übertragen. Die Kernidee besteht darin, dass Doktorand:innen, die an einer ausländischen Partner-Universität promovieren, mindestens sechs Monate ihrer Promotion am HIPS absolvieren können bzw. unsere eigenen Doktorand:innen einen solchen Zeitraum im Ausland verbringen. Wenn alle weiteren Voraussetzungen erfüllt sind (u.a. mindestens eine gemeinsame Publikation mit dem Home- und dem Host-Lab), gibt es am Ende ein zusätzliches Zertifikat, das typischerweise im Rahmen unseres jährlichen HIPS Symposiums verliehen wird. Dieses Programm wurde sehr positiv aufgenommen und bietet den Teilnehmer:innen einen echten Mehrwert für ihre Promotion. Ich selbst habe meine Promotion in den Niederlanden absolviert und war als Postdoc in den USA. Insofern weiß ich, wie bereichernd es ist, auch mal aus dem gewohnten Umfeld auszubrechen.

Wie findest du geeignete Kandidat:innen für das Programm? Worauf legst du bei der Auswahl besonderen Wert?

An dieser Stelle ist es von großem Vorteil, wenn man in der Wissenschaftswelt gut vernetzt ist. Im Gespräch mit internationalen Kolleg:innen ergibt sich immer mal wieder die Gelegenheit, talentierte Absolvent:innen für das HIPS gewinnen zu können. Die Stipendien im Rahmen des Scout-Programmes bieten mir nun die Möglichkeit, diese Chancen nutzen zu können. Wenn mir Kolleg:innen, die ich schon seit Jahren gut kenne, eine oder einen ihrer Absolvent:innen vorschlagen, kann ich mir außerdem ziemlich sicher sein, dass diese auch die notwendigen Voraussetzungen mitbringen. Davon abgesehen muss man sich bei der Auswahl der Kandidat:innen natürlich immer auch ein bisschen auf sein Bauchgefühl verlassen. Das Programm ermöglicht es mir darüber hinaus, Zugriff auf eine ganz neue Zielgruppe zu erlangen, nämlich exzellente Nachwuchswissenschaftler:innen, die sich aus unterschiedlichen Gründen nicht selbstständig auf ein Humboldt-Stipendium bewerben würden. Hierzu zählen Kandidat:innen, die lukrative Angebote für andere Positionen haben oder sich bereits in einem Anstellungsverhältnis befinden. Diese Leute wären ohne die Stipendien im Rahmen des Scout-Programmes nur schwer zu erreichen.

Es ist mir generell besonders wichtig, dass die Kandidat:innen eigene Projekte und Ideen mitbringen, an denen sie im Rahmen ihres Stipendiums arbeiten wollen. Während ihres Stipendiums sollen sie auf eine Karriere als eigenständige Wissenschaftler:innen vorbereitet werden, da bringt es nichts, wenn ich ihnen die Forschungsprojekte vorschreibe. Für die erste der drei Stellen habe ich übrigens bereits einen sehr guten Kandidaten aus Afrika im Auge – wenn alles gut läuft, kann er bald schon bei uns anfangen. Zuvor hatten wir bereits eine junge Kollegin aus Nigeria als Preisträgerin des Georg Forster-Programms der Humboldt-Stiftung bei uns zu Gast.

Zum Abschluss noch eine Frage zur aktuellen Lage bzgl. Covid-19: Wie hat die Pandemie die Zusammenarbeit mit den internationalen Partner:innen aus deinem Netzwerk verändert? Wurde alles ein bisschen komplizierter oder ist man durch die vermehrte Nutzung von Videochats vielleicht sogar näher zusammengerückt?

Das ist eine interessante Frage. Ich glaube, dass der langfristige Einfluss der Pandemie auf die internationale Zusammenarbeit bisher noch nicht richtig abzuschätzen ist. Tatsächlich unterhält man sich dank der umfangreichen Verwendung von Videochats mittlerweile öfter mit den Kolleg:innen aus dem Ausland. Bei diesen Treffen werden dann allerdings fast ausschließlich fachbezogene Themen diskutiert, da mittlerweile alle sehr viel Zeit in Videokonferenzen verbringen und ihre Bildschirmzeit nicht unnötig verlängern möchten. Was fehlt, sind die spontanen Gespräche in der Kaffeepause oder bei einem gemeinsamen Abendessen. Aber gerade in diesen Gesprächen entstehen oft die besten Ideen! Durch den Wegfall dieser Begegnungen hat man leider auch weniger Gelegenheiten, neue Leute aus dem Feld kennenzulernen und so sein Netzwerk zu erweitern. Das ist sehr schade. Ich würde also sagen, dass die Zusammenarbeit in einem bestehenden Netzwerk einfacher geworden ist, allerdings ist es ohne reale Treffen sehr schwierig, das Netzwerk zu erweitern und neue persönliche Kontakte zu knüpfen. Ich freue mich jedenfalls darauf, zu gegebener Zeit wieder Konferenzen zu besuchen und dort neue, junge Wissenschaftler:innen kennenzulernen – vielleicht auch den oder die nächste Stipendiat:in! Bis es soweit ist, können sich interessierte Kandidat:innen gerne via E-Mail bei mir melden.

Das Interview führten Dr. Alwin Hartman und Dr. Yannic Nonnenmacher.


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