Genome Mining für Sekundärstoffe
Dr. Chengzhang Fu
Die weltweite, unsachgemäße Anwendung von Antibiotika führt zu einer wachsenden Bedrohung durch die Entwicklung resistenter Keime. Dementsprechend werden neue antimikrobielle Wirkstoffe dringend benötigt. Die Entwicklung neuartiger Methoden im Bereich genome mining erlaubt es das Potential bislang ungenutzter Biosynthesewege zu erkennen und für die Produktion neuer mikrobieller Sekundärstoffe zu nutzen. Diese sollen anschließend zu Antibiotika weiterentwickelt werden, welche es erlauben multiresistente Keime zu bekämpfen.
Unsere Forschung
Die zunehmende Ausbreitung antimikrobieller Resistenzen stellt laut der Weltgesundheitsorganisation WHO eine der größten Bedrohungen für die globale Gesundheit, Lebensmittelsicherheit, sowie die wirtschaftliche Entwicklung dar. Während die Entwicklung von Resistenzen hauptsächlich durch den unsachgemäßen Gebrauch von Antibiotika verursacht wird, wird die Lage durch die sehr geringe Anzahl an neu entwickelten Antibiotika weiter verschärft. Daher ist die Nachfrage nach neuen, resistenzbrechenden Wirkstoffen höher denn je.
Naturstoffe sind eine wertvolle Quelle für die Entwicklung niedermolekularer Wirkstoffe, welche unter anderem bei Infektions- oder Krebserkrankungen eingesetzt werden können. Bereits heute handelt es sich bei einem großen Prozentsatz der auf den Markt gebrachten Wirkstoffe um Naturstoffe oder deren Derivate. Obwohl Mikroorganismen in der Vergangenheit bereits häufig als Naturstoffproduzenten in der Wirkstoffentwicklung verwendet wurden, zeigen moderne Genomanalysen, dass ihr Potential zur Produktion neuartiger Substanzen noch lange nicht erschöpft ist.
Eine der größten Herausforderungen bei der naturstoffbasierten Wirkstoffentwicklung ist die hohe Wiederentdeckungsrate. Die Entwicklung von Methoden zur gezielten Identifizierung neuer, bioaktiver Substanzen trägt daher einen großen Beitrag zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen dar. Mit der zunehmenden Verfügbarkeit vollständiger Genomsequenzen von Naturstoffproduzenten zu Beginn des neuen Jahrtausends wurde klar, dass deren Potential zur Produktion strukturell unterschiedlicher Sekundärstoffe weitaus höher ist als bislang vermutet. Unter gewöhnlichen Laborbedingungen wird von Bakterien oftmals nur eine geringe Zahl an Naturstoffen hergestellt. Ein spannender Ansatz ist daher die Entwicklung von Strategien zur Aktivierung inaktiver Biosynthesewege mit unbekannter Funktion. Die Tatsache, dass dieser Ansatz in der Vergangenheit nur in wenigen Fällen zum Erfolg geführt hat zeigt, dass neue und effektivere Methoden dringend benötigt werden.
Unsere Arbeitsgruppe entwickelt Ideen und Methoden zur Entdeckung neuer Wirkstoffe aus Mikroorganismen. Unser Ziel ist es Naturstoffe zu entdecken, welche einen Beitrag zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen leisten können. Wir verwenden Ansätze aus dem Bereich des genome mining um mikrobielle Wirkstoffe mit neuartigen und damit möglicherweise resistenzbrechenden Wirkmechanismen zu identifizieren. Weiterhin kommen Methoden wie direct cloning, genome editing oder biosensor technology zum Einsatz um das umfassende biosynthetische Potential bakterieller Genome zugänglich zu machen.
Team-Mitglieder
Publikationen
2020
Dual-function chromogenic screening-based CRISPR/Cas9 genome editing system for actinomycetes
Wang Q, Xie F, Tong Y, Habisch R, Yang B, Zhang L, Müller R, Fu C (2020)
Applied Microbiology and Biotechnology 104 (1): 225-239DOI: 10.1007/s00253-019-10223-4
2019
Armeniaspirol Antibiotic Biosynthesis: Chlorination and Oxidative Dechlorination Steps Affording Spiro4.4non-8-ene
Fu C, Xie F, Hoffmann J, Wang Q, Bauer A, Brönstrup M, Mahmud T, Müller R (2019)
ChemBioChem 20 (6): 764-769DOI: 10.1002/cbic.201800791
Heterologous expression of bacterial natural product biosynthetic pathways
Huo L, Hug J, Fu C, Bian X, Zhang Y, Müller R (2019)
Nat. Prod. Rep. 36: 1412-1436DOI: 10.1039/C8NP00091C
2017
The natural product carolacton inhibits folate-dependent C1 metabolism by targeting FolD/MTHFD
Fu C, Sikandar A, Donner J, Zaburannyi N, Herrmann J, Reck M, Wagner-Döbler I, Koehnke J, Müller R (2017)
Nat Commun 8 (1)DOI: 10.1038/s41467-017-01671-5
Solving the puzzle of the one-carbon loss in ripostatin biosynthesis
Fu C, Auerbach D, Li Y, Scheid U, Luxenburger E, Garcia R, Irschik H, Müller R (2017)
Angew. Chem. Int. Ed. Engl. 56 (8): 2192-2197DOI: 10.1002/anie.201609950
2016
Isolation, structure elucidation, and (bio)synthesis of Haprolid, a cell-type-specific myxobacterial cytotoxin
Steinmetz H, Li J, Fu C, Zaburannyi N, Kunze B, Harmrolfs K, Schmitt V, Herrmann J, Reichenbach H, Hofle G, Kalesse M, Müller R (2016)
Angew. Chem. Int. Ed. Engl. 55 (34): 10113-7DOI: 10.1002/anie.201603288
2015
Biosynthetic studies of telomycin reveal new lipopeptides with enhanced activity
Fu C, Keller L, Bauer A, Brönstrup M, Froidbise A, Hammann P, Herrmann J, Mondesert G, Kurz M, Schiell M, …, Wink J, Müller R (2015)
J. Am. Chem. Soc. 137 (24): 7692-7705DOI: 10.1021/jacs.5b01794